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Lehrbrief 1: Anatomie

 1.3 Bindegewebe, Sehnen, Knochen, Knorpel, Bänder, Schleimbeutel

Ziel dieses Kapitels

Die allgemeine Anatomie ist für Dein Verständnis der Anpassungsprozesse des Körpers absolut notwendig. Egal, ob Du Leistungssportler oder Couch Potato bist: Dein Tun oder Nichttun hat Folgen. Als Trainer musst Du wissen, welche Gewebe es gibt und wie sie auf Training reagieren.

Hier versuchen wir, Dich für Bindegwebe, Knochen, Knorpel, Sehnen, Bänder und Gelenke zu begeistern.

 

Und los gehts!

Ihre Anmeldedaten

Gewebearten

Der Körper besteht aus einer Vielzahl unterschiedlichster Zellen. Sie erfüllen in verschiedenen Teilen des Körpers verschiedenste Aufgaben.

Trotz aller Unterschiede finden sich doch immer Gruppen von Zellen, die sich in Funktion und Bauart ähneln. Diese Zellverbände nennt man Gewebe, die gemeinsam eine Aufgabe für den Organismus erfüllen.

Das kann Bindegewebe sein, welches Organe verbindet, aber auch Knochen, Muskeln, Sehnen, Gelenkkapseln, Bänder, Nerven und vieles mehr.

Muskelgewebe gibt es in unterschiedlichen Variationen: glatte Muskelfasern findet man in Venen (sie helfen, das Blut zum Herzen zurückzutransportieren), im Herzen sowie in der Skelettmuskulatur findest Du das bekannte quergestreifte Muskelgewebe.

Nervengewebe und Haut sind als übergreifendes Thema nicht von großer Bedeutung für uns, kommen in unterschiedlichen Abschnitten aber immer mal wieder vor.

aus: Schäffler; Schmidt: Mensch Körper Krankheit S. 44

All unsere Gewebeformen werden nach dem Motto erstellt:

Die Form und Zusammensetzung folgt der Funktion!

Exkurs

Bindegewebe: Zellen, Fasern und Grundsubstanz

Binde- und Stützgewebe setzt sich aus den Zellen, Fasern und der Grundsubstanz zusammen.

  • Die Zellen liegen vergleichsweise weit auseinander (außer bei Fettgewebe).
  • Die Grundsubstanz gibt dem Gewebe gemeinsam mit den Fasern entsprechend seiner Funktion eine unterschiedliche Stärke und Zugfestigkeit.

Binde- und Stützgewebe sind entscheidend an der Formgebung und –erhaltung des Körpers beteiligt. 

Spezielle Bindegewebszellen, die Fibroblasten, produzieren das Bindegewebe: es besteht aus Glykanen und Proteinen und verändert mit steigendem Alter seine Eigenschaft: es werden im Laufe des Lebens immer mehr Fasern gebildet und die Grundsubstanz und damit der Flüssigkeitsanteil nimmt ab. Dadurch kommt es zum Verlust der Elastizität und zu einem verringerten Stoffaustausch.

 

Sehnen

Sehnen (“-tendo”)

Kraftüberträger vom Muskel auf den Knochen ist die Sehne. Sie besteht aus parallelen kollagenen Fasern, die in die Grundsubstanz  eingebettet sind. Die Elastizität und Zugfestigkeit ist regulierbar durch die äußeren Bedingungen, denen die Sehne ausgesetzt ist (z.B. Sport oder körperliche Arbeit, aber auch Bewegungsarmut). So können der Anteil kollagener Fasern oder der Durchmesser der Sehne je nach Art der Anforderung variieren. Der Übergang von Sehnengewebe zur Muskulatur unterliegt besonderen Anforderungen: zwei Gewebearten mit unterschiedlichen  mechanischen Eigenschaften werden zu höchster Festigkeit miteinander verwoben. Um hohe Belastungen an Stellen, an denen die Sehne ihren geraden Verlauf verläßt oder um Gelenke herumläuft, zu verringern, ist sie geschützt durch Sehnenscheiden.

Sehnenscheiden

Eine Sehnenscheide ist ein bindegewebiger Führungsschlauch, der mit der Umgebung fest verbunden ist und die Sehne in diesem Gleitkanal führt. Die Sehne ist in der Sehnenscheide zudem gepuffert durch Synovialflüssigkeit, eine Flüssigkeit, die zugleich die Sehne besser gleiten lässt und sie mit notwendigen Nährstoffen versorgt. Die Synovia wird von einem Zellverband produziert, welcher locker mit der Sehne verbunden ist und gleichzeitig Nerven und Gefäße führt. Sehnen sind wenig dehnbar (ca. 5% ihrer Ruhelänge), aber dafür haben sie eine sehr hohe Zugfestigkeit. Außerdem genügen sie den hohen Anforderungen, an beiden Enden zwei unterschiedliche Stoffe (Knochen und Muskeln) mit unterschiedlichen chemischen und mechanischen Eigenschaften zu verbinden.

Fachchinesisch: Was heißt was?

zugfester Kraftüberträger der Muskelkraft auf den Knochen

Flüssigkeitsgefüllter Führungsschlauch für die Sehne um Gelenke herum

Fragen zu Bindegewebe und Sehnen

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Wo finden sich Sehnen und welche Aufgabe haben sie? Tipp: Du kannst gerne eine Skizze anfertigen und sie beschriften: so wird die Funktion klarer!

Sehnen finden sich als sehr zugfeste Struktur zwischen Muskeln und Knochen. Sie übertragen die Kraft des Muskels auf einen Knochen: somit haben sie die Aufgabe, ein Gelenk zu bewegen oder zu stabilisieren.

Was sind die besonderen Eigenschaften der Sehnen?

Sehnen sind ausgesprochen zugfest und bestehen aus einem hohen Anteil an kollagenen Fasern. Sie sind allerdings wenig dehnbar.

Wie werden Sehnen, die um Gelenke herumgeführt werden, oft geschützt? Beschreibe die Struktur!

Sehnen müssen häufig Gelenke passieren, um die Kraft vom Muskel auf den Knochen zu übertragen. Hierbei sollten sie einer geringen mechanischen Reibung ausgesetzt sein. Dafür werden Sehnen oft in Führungsschläuchen, der sogenannten Sehnenscheide, geführt (z.B. die Bizepssehne im Schultergelenk), die mit etwas Flüssigkeit (Synovialflüssigkeit: sie wird in diesem Führungsschauch gebildet) feucht und gleitfähig gehalten werden.

Knochen

Knochen (“-os”)

Der Knochen ist das letzte Glied in der kinetischen (bewegenden) Kette. Die Knochen stellen ein System beweglicher Hebel dar, dessen Teile durch bewegliche Gelenke miteinander verbunden sind. Der Mensch hat über 200 Knochen. Durch ständigen Umbau passt sich der Knochen den äußeren Bedingungen an.

Aufbau der Knochen

Jeder Knochen, egal, welche Form er hat, ist ein bißchen ähnlich aufgebaut:

  • er ist von einer Knochenhaut (Periost) umgeben,
  • darunter befindet sich eine dicke Schicht von Knochengewebe, die Rindenschicht (Kompakta, auch Kortikalis),
  • und die Mitte wird gefüllt von der Bälkchenstruktur (Spongiosa),
  • Die Hohlräume wiederum sind gefüllt mitblutbildendem Knochenmark.

Die auffälligsten Knochen der freien Extremitäten sind lange Knochen.
Sie haben

  • eine Diaphyse, den Schaft, und
  • Epiphysen, die Enden.

Die Epiphysen sind noch bei der Geburt rein knorpelig, wachsen aus der Epiphysenfuge heraus in die Länge und verknöchern im Laufe der Kindheit allmählich. Die Verbindung von Diaphyse und Epiphyse wird als Metaphyse bezeichnet und ist im Erwachsenenalter nur noch als feine Linie zu erahnen. Die Metaphyse ist der Ort der Knorpel- und Knochengewebsbildung im Wachstum.

Der knochengewebsfreie Raum in der Mitte ist von fettreichem Knochenmark ausgefüllt. Hier befinden sich blutbildende Zellen: sie produzieren wichtige Zellen, die für lebenswichtige Funktionen unerläßlich sind und die die Farbe und Funktion des Blutes ausmachen. Das Knochenmark ist natürlich sehr gut durchblutet, damit der Transport von Baustoff und der fertigen Zellen gewährleistet ist.

Die Epi- und Metaphyse besteht aus spongiösem Knochen – Spongiosa -, d.h. aus dünnen Plättchen, die dem Knochen gemäß seiner Belastung die notwendige Festigkeit gibt. Die Struktur richtet sich zu einem dreidimensionalen Fachwerk dünner Stäbchen aus.

aus: Schäffler; Schmidt: Mensch, Körper, Krankheit. Ulm 1996, S. 92

Was heißt was?

Knochenhaut

auch Kompakta ganannt: Rindenschicht

Bälkchenschicht

Fettreiche und mit funktionellen Zellen ausgestattete Füllung des Knochens

Knochenenden

Knochenschaft

Übergang von Diaphyse zur Epiphyse, Ort des Knochenwachstums, im Erwachsenenalter verknöchert

Aufbau der Knochen

Knochengewebe besteht aus Knochenzellen (Osteozyten) und der Interzellular- (Grund-)substanz. Hierin wiederum befinden sich kollagene Fasern (geformter Anteil) und anorganische Bestandteile (ungeformter Anteil).
Die  anorganischen Substanzen sind hauptsächlich Kalkkristalle, die mit den kollagenen Fasern in Verbindung stehen.
Der Knochen ist somit auch Mineralstofflager. Die Mineralsalze dienen als Kern der Spongiosabälkchen und sind somit für die Stabilität des Knochens zuständig.
In den Hohlräumen befindet sich außerdem das blutbildende Knochenmark.
Alle Bestandteile sind als Lamellensystem zueinander gebaut.

aus: Schäffler; Schmidt: Mensch, Körper, Krankheit. Ulm 1996, S. 92

Netter: Orthopädie. S. 21

Die äußere Schicht ist die Knochenhaut (Periost), die den Knochen ernährt, nerval gut versorgt ist und eine Verbindung zur Kompakta herstellt. Sie ist wie ein Schlauch um den Knochen herumgezogen.

Die Kompakta (auch Kortikalis genannt), bildet die solide Rindenschicht beim langen Knochen am Schaft und sorgt für hohe Stabilität.

Die Spongiosa, die Bälkchenstruktur des Knochens an den Epiphysen, sorgt für hohe Zug- und Druckfestigkeit des Knochens.

Die Knochen verbinden sich über Gelenkflächen miteinander: daher haben Knochen immer auch Fortsätze, die mit Knorpel überzogen sind, oder ihre Enden sind mit Knorpel überzogen.

 

Bildung von Knochengewebe

Knochengewebe entsteht entweder direkt als Produkt von Bindegewebszellen oder durch allmähliche Unwandlung von Knorpelgewebe in Knochen (Ossifikation). Die zunächst geflechtartig vorliegenden Kollagenfasern nehmen unter Belastung eine spezielle Anordnung ein.

Anpassung an Belastung

Die Anpassung an Belastung erfolgt durch den ständigen Umbau der Lamellensysteme. Hierbei verdicken sich die Spongiosabälkchen und die Kompakta. Die Spongiosabälkchen richten sich je nach Richtung des Zuges und des Druckes so aus, dass sie mit möglichst wenig Material, also mit wenig Gewicht, optimale Festigkeit sowie Elastizität erreichen. Zudem wird eine Anpassung durch die Menge und die Verteilung des Materials erreicht. Die ökonomische Bauweise des Muskels wird erzielt durch das Einsparen von Baumaterial. Das führt zu Kraftersparnis der für Bewegung und Sicherung der Haltung aufzubringenden Muskelkräfte. Die Biegefestigkeit wird besonders erreicht durch die Form des Rohres (Röhrenknochen). Hohe Biegebeanspruchung erfordert eine höhere Materialdichte und damit mehr Gewicht.

Die Bälkchen richten sich ausschließlich nach Druck- und Zugverhältnissen aus, haben also mit der Biegefestigkeit nichts zu tun. Die Form und Dichte sowie die Struktur folgen der Funktion.

Die Anpassung an diese höhere Belastung dauert Monate bis Jahre und ist hochdynamisch. Dafür sorgen spezielle Zellen:

  • die Osteoblasten bauen den Knochen nach Bedarf auf,
  • die Osteoklasten bauen den Knochen ab.

Dieser Umbauprozess findet ständig statt und kann je nach Anforderung in seiner Intensität variieren: wird keine Belastung auf den Knochen gegeben, überwiegt die Arbeit der Osteoklasten, ist die Belastung über Druck (z.B. Körpergewicht oder hohe mechanische Last) oder Muskelarbeit hoch, überwiegt die Aktivität der Osteoblasten. Je mehr Beanspruchung der Knochen erfährt, desto stabiler werden die Knochen, desto ausgeprägter ist die Bälkchenstruktur.

Netter: Orthopädie. S. 31

Der obere Teil des Femur (Oberschenkelknochen) im Querschnitt (links i. d. Abbildung) zeigt die Ausrichtung der Bälkchenstruktur. Rechts sieht man schematisch die Ausrichtung der Druck- und Zugtrajektoren.

Formen der Knochen

Als kurze Knochen zählen die Hand- und Fußwurzelknochen. Sie haben außen eine dünne Kompakta, die Spongiosa besteht im äußeren Bereich aus Platten, im inneren Bereich aus Röhren. Der Markraum enthält rotes Knochenmark.

Platte Knochen sind die Rippen, das Brustbein (Sternum), die Schulterblätter (Scapulae), der Schädelknochen und das Darmbein (Ilium).

Zu den unregelmäßigen Knochen rechnet man Wirbel, Teile der Schädelbasis und der Hüfte. Sie haben einen ähnlichen Aufbau wie platte und kurze Knochen.

Sesambeine sind in Sehnen eingelagerte Knochen. Das größte Sesambein ist die Kniescheibe (Patella). Sesambeine liegen ebenfalls in den Sehnen der Finger- und Zehenmuskeln. Sie verlängern durch ihre Lage den Hebelarm der Sehne und führen so zu erheblicher Kraftersparnis.

Alle diese Knochen unterscheiden sich zwar in ihrer Form, aber sind dennoch ziemlich ähnlich aufgebaut: Periost, Kortikalis, Spongiosa, Knochenmark. Alle Knochen sind sehr gut mit Blut und Nerven versorgt!

Apophysen sind die Vorsprünge, an denen Sehnen und Bänder ansetzen. Sie kommen besonders an langen, aber auch an flachen und kurzen Knochen vor. Apophysen sind z.B. gut fühlbar unter dem Kniegelenk. Dort hat der Unterschenkelknochen einen Höcker, an dem die Sehnen des Oberschenkelmuskels M. quadrizeps ansetzen.

Fachchinesisch: Was heißt was?

Gelenkschmiere, hier in der Sehnenscheide

Knochenschaft

Knochenenden

Bälkchenstruktur

Rindenschicht (wird auch Kortikalis genannt)

Knochenvorsprung, wo z.B. ein Muskel ansetzt

Knochenhaut

Verknöcherung

Knochenaufbauende Zellen

Knochenabbauende Zellen

Fragen zum Knochen

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Wie ist ein Knochen aufgebaut? (Tipp: Skizziere und beschrifte gerne z.B. einen langen Knochen: das hilft Dir, den Aufbau besser nachzuvollziehen.)
Der Knochen (z.B. ein langer Knochen) ist umhüllt mit dem Periost (Knochenhaut), welches sehr gut durchblutet und mit Nerven versorgt ist. Der lange Schaft des Knochens heißt Diaphyse und ist quasi eine Röhre. Die feste Wand aus Knochengewebe heißt Kompakta und ist ziemlich bruchsicher. Die Knochenenden heißen Epiphysen und bestehen aus einer sogenannten Bälkchenstruktur (Spongiosa) Die Spongiosa ist ebenfalls aus Knochensubstanz und durch ihre hohe Oberfläche sehr zug- und druckfest. Die Hohlräume des Knochens sind mit blutbildendem Knochenmark gefüllt.
Wie funktioniert der Auf- und Abbau des Knochens?

Knochen sind fest, bruchstabil und ausgesprochen stoffwechselaktiv: ihre Knochenzellen haben unterschiedliche Aufgaben. Die Osteoblasten sind bei Bedarf ständig damit beschäftigt, neue Knochensubstanz aufzubauen. Die Osteoklasten hingegen bauen ständig Knochensubstanz ab. So wird der Knochen nach Anforderung in einem ständigen Prozess an die Belastungen angepasst. Der Umbau dauert allerdings Wochen und Monate!

Knorpel

Knorpel (“-chondro”)

Der Knorpel ermöglicht aufgrund seiner mechanischen Eigenschaften – sehr hohe Druckfestigkeit – ein reibungsarmes Gleiten der Gelenkflächen. Zudem übt er eine Stoßdämpferfunktion aus und puffert Scherbewegungen ab. Gleichzeitig werden durch die Anpassungsfähigkeiten des Knorpels leichte Unebenheiten der knöchernen Strukturen ausgeglichen.

Es gibt drei Formen des Knorpelgewebes:

  • Hyaliner Knorpel: er ist druckfest und elastisch. Die Substanz ist leicht durchsichtig wie mattes Glas und findet sich an vielen Stellen des Körpers. Er überzieht Gelenkflächen, bildet den Rippenknorpel, das Kehlkopfgerüst, die Spangen der Luftröhre und findet sich in der Nasenscheidewand.
  • Elastischer Knorpel: er ist gelblich durch einen hohen Anteil an elastischen Fasern. Der Kehldeckel und die Ohrmuschel bestehen aus diesem biegsamen Material.
  • Faserknorpel: die Zwischenzellsubstanz des Faserknorpels wird von dichtbepackten, kollagenen Bindegewebsfasern durchzogen. Das verleiht dem Material sehr große Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischen Einflüssen. Wir finden ihn in den Bandscheiben der Wirbelsäule, in den Menisken des Kniegelenks und er verbindet die Schambeine mit der Schambeinfuge
Aufgaben des Knorpels

In den Gelenken:

An den Gelenkflächen findet sich Knorpel: er ist das perfekte Gleitlager für alle Gelenke im Körper.
Achtung: Disken und Menisken bestehen ebenfalls aus Knorpel und sind hochelastisch: das heißt: sie bewegen sich mit jeder Bewegung des Gelenkes mit.

In den Bandscheiben:

Die Bandscheiben bestehen aus festem Knorpelgewebe, welches druckstabil und dennoch elastisch ist. Die Eigenschaften lernst Du im Kapitel über die Wirbelsäule näher kennen.

Das Bild zeigt links einen glatten Gelenkknorpel innerhalb einer Gelenkspiegelung.

In der Mitte siehst Du (eingefärbt) Knorpelstruktur mit Knorpelzellen (Chondrozyten), die die Knorpelsubstanz langsam, aber stetig wieder erneuern.

Rechts im Bild findest Du “Ersatzknorpel”: verletztes Knorpelgewebe kann sich häufig regenerieren, aber es verliert seine elastische Eigenschaft, kann nicht wieder regenerieren (es fehlen die Chondrozyten) und es weniger belastbar.

Merke: Überproportionale Belastung oder Fehlstellungen von Gelenken kann zu einer Zerstörung des Knorpelgewebes (s. Arthrose) führen. Das führt zu Schmerzen im Gelenk und damit verbunden zur Bewegungseinschränkung.

Ernährung des Knorpels

Gefäße gibt es im Knorpel nicht oder höchstens in geringer Anzahl, so dass die Ernährung vollständig durch das Eindringen der Synovialflüssigkeit geschehen muss. Das geschieht auf zweierlei Weise:

  • durch Diffusion: Flüssigkeit dringt im Ruhezustand in den Knorpel ein
  • durch physiologische Belastung und Entlastung: dabei verliert der Knorpel bei Belastung an Dicke; in der Ruhephase saugt sich der Knorpel wieder bis zu einem genetischen Maximum voll. Dabei ist es notwendig, das Gelenk zu bewegen: es muss Druck und eine Gleitbewegung ausgeübt werden, was man mit dem Ausdruck der Durchwalkung beschreibt. Während der Erholungsphase wird der Knorpel bis zum genetischen Maximum dicker.

Fachchinesisch: Was heißt das?

physikalisch: Teilchenausgleich (hier: Flüssigkeitsausgleich)

Runde (Diskus) oder halbmondförmige (Meniskus) Knorpelscheibe

Fragen zum Knorpel

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Was ist Knorpel und wo befindet er sich?

Knorpel ist eine elastische, stoffwechselarme Substanz.
In den Gelenken findest Du ihn als weißen, harten, ebenfalls elastische Gelenküberzug. Er findet sich an den Knochenenden bzw. an den Gelenkfortsätzen und ist unser Gleitlager in den Gelenken.
Zudem findet sich Knorpel in den Bandscheiben.

Wie kannst Du Deinen Knorpel gut pflegen und ernähren?

Knorpel hat (meist) keinen Stoffwechsel und wird durch Diffusion sowie Druck und Entlastung ernährt.

Diffusion meint: in Ruhe dringen kleinste Teilchen, gelöst in Gelenkflüssigkeit, in den Knorpel ein. Bei Belastung hingegen wird der Knorpel dünner und saugt sich in Ruhe wieder voll. Diese Methode ist ungleich effektiver als Diffusion. Beide Formen laufen im besten Falle nebeneinander ab.

Gelenke

Aufbau des Gelenkes (-arthro)

Für die Beweglichkeit des Körpers sind die Gelenke unsere Dreh- und Angelpunkte. Sie verbinden Knochenenden, die immer mit Knorpel überzogen sind. So ist eine reibungsarme Beweglichkeit der Knochen gewährleistet.

Gelenkkopf und Gelenkpfanne

Einer der Knochenanteile bildet den Gelenkkopf (der ausgebuchtete Teil), während der andere Anteil die Gelenkpfanne bildet (der Teil, der wie eine Schale geformt ist). Beide Teile passen im Normalfall sehr gut zusammen.

Ist dies aus anatomischen Gründen nicht der Fall, werden die Zwischenräume mit Knorpelscheiben angepasst (Disken, wenn sie den Gelenkspalt vollständig trennen und Menisken, wenn sie nur teilweise in das Gelenk eindringen).

Gelenkkapsel- Capsula

Die Knochenenden, also die Gelenkpartner, sind umgeben von einer Gelenkkapsel. Dabei besteht die äußere Schicht aus kollagenen Fasern (Membrana fibrosa), die eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Zugkraft aufweisen.

Die innere Schicht der Kapselwand (Synovialhaut /Gelenkinnenhaut) ist mit Zellen ausgestattet, die eine eiweißhaltige Flüssigkeit produzieren. Diese Synovialflüssigkeit hat die Aufgabe, das Gelenk feucht zu halten und zu schmieren sowie die Knorpelzellen mit Nahrung zu versorgen.

Synovialflüssigkeit

Synovia, die Gelenkschmiere, ist klar, leicht gelblich und zieht Fäden. Sie ist elastisch und hat viskose Eigenschaften. Sie erfüllt drei Funktionen: sie ernährt den Knorpel, sie sorgt für optimale Gleiteigenschaften und sie hat eine Stossdämpferfunktion. Die mechanischen Eigenschaften sind zudem abhängig von der Temperatur und der Bewegungsgeschwindigkeit: wird ein Gelenk schnell bewegt, erhöht sich die Temperatur und die Flüssigkeit wird dünnflüssiger. Selbst bei hohem Druck sind die Gelenkflächen immer noch durch die Flüssigkeit voneinander getrennt.

Bänder – Ligamente

Für die passive Stabilität des Gelenkes sorgen die Bänder (Ligamente), die in der Kapselwand liegen können, aber auch nur leichten Kontakt zur Kapsel haben können oder auch selbstständig zur Stabilität des Gelenkes beitragen können.

Gelenkhöhle

Als Gelenkhöhle bezeichnet man den Raum zwischen der  Gelenkkapsel und den Gelenkkörpern. Sie ist ausgefüllt mit Synovialflüssigkeit und verändert ihre Gestalt mit dem Gelenkwinkel. Geschwollene Gelenke können z.B. auf einer Ausbuchtung der Gelenkkapsel durch Gelenkflüssigkeit oder Blut beruhen. Die Schmerzen entstehen dann häufig aufgrund der starken Dehnung der Gelenkkapsel durch die Flüssigkeit.

Gelenkführung

Das Bewegungsausmaß hängt von der Form der Gelenkkörper und von der Anordnung der über das Gelenk hinwegziehenden Muskeln ab. Zudem wird das Bewegungsausmaß beeinflusst durch den Kapsel-Band-Apparat sowie die es umgebenden Weichteile wie Muskeln, Sehnen, Bänder und Faszien.

aus: Menke, Wolfgang: Wiesbaden 1997. S. 55 und 59

Rezeptoren

Die Gelenkkapsel ist voll besetzt mit Rezeptoren. Das sind empfindliche Abnehmer, die im Normalzustand im Hintergrund ihren Dienst tun: Belastung, Gelenkstellung, Dehnung und Druck anzeigen. Nur im Störungsfall können sie Normabweichungen und Schmerz anzeigen.
Somit ist die Gelenkkapsel auch eine sehr empfindliche Struktur, deren Störungen man ernst nehmen muss.

 

Gelenke als Hebel – Biomechanik und ihre Folgen

Gelenke bilden durch ihre Hebel (die Knochen) und die sie bewegenden Kräfte (Muskeln) eine Einheit, die einer Maschine gleicht. Die Kraft, die diese “Maschine” aufzubringen in der Lage ist, hängt von der Länge der Hebelarme ab. Beteiligt sind die Skelettelemente als Last (Gegengewicht, wie bei einem Kran) und der Hebel (also ein Arm und die Hand, die das Gewicht trägt). Die aufzuwendende Kraft hängt also ab von dem Gewicht, was bewegt werden muss (Last) und der Länge des Hebelarmes: je länger der Hebelarm, desto leichter kann ein Gewicht bewegt werden (desto weniger Kraft muss aufgewendet werden).

  • Je weiter die Last allerdings vom Gelenk entfernt ist, desto mehr Kraft ist nötig, um die Last zu bewegen.
  • Greift der Muskel sehr nahe am Gelenk an, so ist der Kraftarm kurz, die aufzuwendende Kraft zum Bewegen des Gewichtes groß.
  • Ist der Lastarm lang, das Gewicht vom Gelenk also weit weg, ist die aufzuwendende Kraft ebenfalls groß.

Diese Gesetze der Biomechanik haben großen Einfluss auf die Art der Übungsausführung beim Krafttraining: ermüdet die trainierte Muskelgruppe, so weicht der Trainierende unwillkürlich in eine Haltung aus, die die Last reduziert: beim Seitheben z.B. wandert das Gewicht immer näher zum Gelenk, um den Hebel des Gelenkes, die Muskulatur also, immer leichter arbeiten zu lassen.

Bewegungsausmaß

Kinder und Jugendliche können den größten Bewegungsumfang erreichen, im Altersgang nimmt die Beweglichkeit erheblich ab. Durch Training kann dieser Prozess weitgehend aufgehalten werden. Die Beweglichkeit ist zudem in jedem Alter durch regelmäßiges Training zu verbessern.

Das Bewegungsausmaß kann

  • durch den knöchernen Kontakt (Ellenbogengelenk, oberes Sprunggelenk) gehemmt werden. Dann stoßen die Knochen aufeinander.
  • von der Länge der Bänder des Gelenkes abhängen. So kann das Bein nur bis zu einem bestimmten Grad hinter die Körperachse geführt werden, weil das Band an der Vorderseite des Hüftgelenkes diese Bewegung einschränkt.
  • durch die aktive und passive Insuffizienz von Muskeln bestimmt: wird ein Muskel durch ständige Bewegungslosigkeit zu wenig bewegt und verharrt so in einer verkürzten Dauerstellung, kann das Gelenk nicht über sein volles Bewegungsausmaß bewegt werden. Dasselbe gilt für die Verkürzung der Muskulatur durch permanente Beanspruchungen, nach denen die Muskulatur nie gedehnt wird.
  • durch die Weichteilhemmung: ein Bodybuilder kann seinen Oberarm nicht vollständig beugen, weil der große Bizeps ihn an dieser Bewegung hindert. Bei starkem Übergewicht verhindern zu große Fettpolster ein optimales Bewegungsausmaß.
  • durch Insuffizienzen im Gelenkkapselbereich: durch lange Ruhe durch Inaktivität oder Verletzungen schrumpft die Kapsel und ist somit der bewegungsbegrenzende Faktor. Narbenbildungen im Gelenkbereich tragen dazu bei.

    Fachchinesisch: Was heißt was?

    Gelenkpartner

    Kapsel um jedes Gelenk herum

    Gelenkinnenhaut; produziert eine Flüssigkeit im Gelenk zur Schmierung des Gelenkes und zur Knorpelernährung

    Band; passive Struktur für die Gelenkstabilisation

    Zustands-Anzeiger, hier in der Gelenkkapsel

    Knorpelring im Gelenk

    halbmondförmiger Knorpel im Gelenk

    wasserhaltig

    Schleimbeutel

    Exkurs

    Gelenkarten

    Die abgebildeten Gelenkformen beschreiben die meisten Gelenkformen des Körpers und sind Modelle.

      • Das dreiachsige Kugelgelenk erlaubt Bewegungen in allen drei Freiheitsgraden: Flexion und Extension, Abduktion und Adduktion, Rotation. Das Kugelgelenk befindet sich am Hüftgelenk und am Schultergelenk.
      • Das Eigelenk erlaubt zwei Freiheitsgrade: die Beuge-Streck-Bewegung wie die Seit-zu-Seit-Bewegung (Abduktion und Adduktion). Ein solches Gelenk befindet sich zwischen Speiche und Handwurzelknochen.
      • Das Sattelgelenk (z.B. am Daumen) besitzt die Form von Reiter und Sattel. Die Bewegung erlaubt die Seit-zu-Seit-Bewegung und die Vorwärts-Rückwärts-Bewegung. Es hat also ebenfalls zwei Freiheitsgrade.
      • Scharniergelenke finden sich zwischen allen Zehen- und Fingergliedern. Die Gelenke haben nur einen Freiheitsgrad. Ihre Bewegungsrichtungen sind Flexion und Extension.
      • Das einachsige Zapfengelenk befindet sich z.B. am Radio-Ulnar-Gelenk. Es erlaubt ebenfalls nur einen Freiheitsgrad.
      • Das Sattelgelenk (z.B. am Daumen) besitzt die Form von Reiter und Sattel. Die Bewegung erlaubt die Seit-zu-Seit-Bewegung und die Vorwärts-Rückwärts-Bewegung. Es hat also zwei Freiheitsgrade.
      • Beim Flächengelenk sind die Gelenkflächen flach und erlauben damit Schiebebewegungen geringen Ausmaßes in allen drei Ebenen. Beuge- und Rotationsbewegungen sind nicht möglich. Diese Gelenke finden sich an den Hand- und Fußwurzelgelenken sowie zwischen Brustbein und Schlüsselbein.

      aus: Schäfler, Schmidt. Mensch Körper Krankheit. S.97

      Viele dieser Gelenkarten kommen auch kombiniert vor, so z.B. beim Kniegelenk die Kombination von Scharnier- und Zapfengelenk. Damit ist für das Knie die Beugung, Streckung sowie die Rotation nach außen und innen möglich.

      Jedes Gelenk wird in seiner  Beweglichkeit durch die es umgebende Gelenkkapsel, die Bänder und das Ende des Bewegungsausmaßes durch Knochen eingeschränkt. Die meiste Stabilität erhalten die Gelenke durch die Muskulatur. Eine sehr gute Muskulatur schützt vor Verletzungen des Gelenkes.

      Fragen zum Gelenk

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      Wie ist ein Gelenk aufgebaut? Nenne möglichst viele Anteile!

      Ein Gelenk besteht aus zwei Knochenanteilen, deren Ende mit Knorpel überzogen ist. Das eine Ende nennt man Gelenkkopf, ds andere Ende Gelenkpfanne. Das Gelenk ist umgeben mit der Gelenkkapsel, einer festen bindegewebigen Struktur, die das Gelenk abdichtet. Damit das Gelenk gut gleiten kann, sind die Knochenenden mit Knorpel überzogen. Damit das Gelenk immer mit ein wenig Flüssigkeit gefüllt ist, wird an der Innenhaut der Gelenkkapsel (Synovia) Synovialflüssigkeit gebildet: die “schmiert” das Gelenk und ernährt den Knorpel. Ein Gelenk wird zusätzlich mit Bändern (Ligamenten) stablisiert.

      Was ist eine Gelenkkapsel? Vergiss nicht die Innenhaut!

      Eine Gelenkkapsel umgibt den Kopf und die Pfanne eines Gelenkes und dichtet das Gelenk gegen die Umgebung ab. An manchen Gelenken kann in die Kapsel ein Band zur Stablisierung angeheftet oder sogar richtig eingewachsen sein. Das Gelenk hat eine Innenhaut (Synovia), die die Gelenkschmiere (Synovialflüssigkeit) produziert. Mit ihr wird die Reibung im Gelenk verringert und der Knorpel ernährt.

      Beschreibe, von welchen Faktoren die Beweglichkeit eines Gelenkes abhängen.

       Die Beweglichkeit eines Gelenkes kann von knöchernen Kontakten, von bandhaften Einschränkungen, von aktiver oder passiver Bewegungsarmut, von einer Weichteilhemmung oder Einschränkungen einer verletzten Kapsel abhängen.

      Was sind Ligamente und welche Funktion haben sie?

      Ein Ligament (Band) ist eine zugfeste Struktur aus vorwiegend kollagenen Fasern. Bänder sorgen für Festigkeit von Gelenken und halten auch andere Strukturen wie Knochen zusammen.

      Die kreative Aufgabe: Skizziere ein Gelenk als Modell und beschrifte die einzelnen Teile.

      Das hilft Dir, den Aufbau besser zu verstehen und zu behalten.”Skizziere ein Gelenk als Modell und beschrifte die einzelnen Teile. Das hilft Dir, den Aufbau besser zu verstehen und zu behalten.”

      Schleimbeutel

      Schleimbeutel (Bursa)

      Die Schleimbeutel sind dünnwandige Druckpolster, gefüllt mit Synovia. Sie befinden sich an vielen Stellen in Gelenknähe. Sie verteilen den Druck der Sehnen und das Aufeinanderreiben aller beteiligten Strukturen und dienen als Puffer bei Bewegungen.

      Frage zum Schleimbeutel

      Akkordeon schließen
      Was ist ein Schleimbeutel und welche Aufgabe hat er?

      Ein Schleimbeutel (Bursa) ist ein Druckpolster, welches durch Bewegung z.B. von Sehnen oder bei Enge eines Gelenkes Druckbelastungen abpolstert. Die feste Struktur ist druckfest, elastisch und von innen mit Flüssigkeit gefüllt – ähnlich wie beim Gelenk.

      Literatur:

      Menke, Wolfgang: Grundwissen Sportorthopädie/Sporttraumatologie. Wiesbaden 1997

      Netter´s Orthopädie. Stuttgart 2001

      Schäffler; Schmidt. Mensch, Körper, Krankheit. Ulm 1996